Kapitel 3.

BlackZack-Tech

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Schatten und Licht

Liora stand am Beginn eines Tages, der in dieser fremden Welt weder durch das Aufgehen der Sonne noch durch das vertraute Blau des Himmels markiert wurde. Stattdessen breitete sich das violett-schwarze Firmament in einer endlosen Dämmerung aus, durchbrochen nur von den sporadischen, kalten Lichtstrahlen, die die Dunkelheit nicht zu vertreiben vermochten.

Die Luft war kühl und trug den Duft von etwas, das Liora nicht einordnen konnte – eine Mischung aus frischem Regen und einem undefinierbaren, metallischen Hauch. Es war ein Geruch, der weder einladend noch vollständig abstoßend war, sondern eine stete Erinnerung an die Fremdheit dieser Welt.

Als Liora vorsichtig ihren Weg fortsetzte, spürte sie den glasartigen Boden unter ihren Füßen, der bei jedem Schritt leise klang, als würde sie über einen gefrorenen See aus purem Obsidian wandeln. Die Risse im Boden schienen tiefer zu gehen, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte, und in ihrem Innern tanzten gelegentlich leise Schimmer, als wären sie mit einer geheimnisvollen Energie gefüllt.

Die gigantischen, versteinerten Strukturen, die sich wie Wächter um sie herum erhoben, waren von einer erhabenen, fast majestätischen Schönheit, die jedoch kalt und unnahbar wirkte. Ihre Oberflächen reflektierten das spärliche Licht auf eine Weise, die sie gleichzeitig präsent und doch unerreichbar erscheinen ließ.

Als Liora tiefer in das Land eindrang, begegnete sie den Schattenwesen erneut. Diesmal wagte sie es, näher heranzutreten, getrieben von einer Mischung aus Neugier und der stillen Hoffnung, in dieser unwirtlichen Welt Verbündete zu finden. Die Schattenwesen, flüchtige Silhouetten in der Dunkelheit, schienen zunächst zurückzuweichen, doch als Liora innehielt und ihre Absicht nicht Aggression, sondern Verständigung signalisierte, näherten sie sich langsam wieder.

Die Schattenwesen waren von einer schlichten, aber faszinierenden Eleganz. Ihre Formen waren fließend, ständig im Wandel, als wären sie nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Rauch und Dunkelheit. Ihre Bewegungen waren sanft und bedächtig, und in ihren Tiefen glomm gelegentlich ein sanftes Leuchten auf, das Liora an die Sterne erinnerte, die sie in ihrer Heimatwelt oft beobachtet hatte.

Zögerlich streckte Liora ihre Hand aus, und zu ihrer Überraschung schien eines der Wesen ihre Geste zu erwidern. Als sie Kontakt aufnahmen, spürte Liora eine sanfte Kühle, die nicht unangenehm war, sondern eher wie eine sanfte Brise in einer stickigen Nacht. In diesem Moment der Berührung fühlte sie eine Art Kommunikation, nicht in Worten, sondern in Empfindungen – eine sanfte Versicherung, dass sie hier, inmitten der Dunkelheit, nicht allein war.

Ermutigt durch diese stille Verständigung, wagte Liora es, weiter zu erkunden. Doch die Welt um sie herum war nicht weniger gefährlich geworden. Abseits der schützenden Präsenz der Schattenwesen lauerten Gefahren, die Liora das Blut in den Adern gefrieren ließen.

Die Flora dieser Welt, obwohl von einer fremdartigen Schönheit, barg tödliche Überraschungen. Pflanzen, deren Blätter scharf wie Rasierklingen waren und deren Blüten bei der geringsten Berührung giftige Dämpfe freisetzten. Der Boden selbst, an manchen Stellen trügerisch dünn, drohte sie in die Tiefen unbekannter Abgründe zu ziehen.

Und dann waren da noch die Kreaturen, die in der Dunkelheit lauerten – Wesen, die nichts von der sanften Natur der Schattenwesen hatten. Kreaturen mit leuchtenden, hungrigen Augen und scharfen, tödlichen Klauen, die in der ewigen Dämmerung auf ihre Beute warteten.

Als die violette Dämmerung langsam in eine tiefere Dunkelheit überging, fand Liora sich umgeben von den geheimnisvollen Schattenwesen, deren Präsenz nun spürbarer und irgendwie greifbarer war. Die Welt um sie herum schien zur Ruhe zu kommen, und die ständige Bedrohung, die während des Tages wie ein Schatten über allem lag, trat in den Hintergrund.

Erschöpft von den Strapazen und den überwältigenden Eindrücken des Tages, ließ sich Liora zu Boden sinken, den Rücken an eine der kühlen, glasartigen Strukturen gelehnt. Die Schattenwesen schienen eine schützende Barriere um sie zu bilden, eine stille Wache in der Dunkelheit.

In dieser ungewöhnlichen Geborgenheit übermannte sie der Schlaf schneller, als sie es erwartet hatte. Ihre letzten wachen Gedanken waren gefüllt von den flüsternden Bewegungen und dem sanften Leuchten der Schattenwesen, die wie Wächter in der Nacht agierten.

Mitten in der Stille der Nacht wurde Liora plötzlich durch eine Reihe unverständlicher Laute geweckt. Die Klänge waren weder bedrohlich noch laut, aber in ihrer Fremdartigkeit genügten sie, um sie aus dem tiefsten Schlaf zu reißen. Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, nahm sie eine Veränderung in der Gestalt der Schattenwesen wahr.

Sie standen näher, ihre Formen klarer definiert als zuvor, fast als hätten sie sich für die Kommunikation eine festere Gestalt gegeben. Ihre Silhouetten pulsierten sanft, und in diesem sanften Pulsieren formten sich die Laute, die Liora geweckt hatten.

Anfangs erschrak Liora, ein Reflex, der sich in der kühlen Luft wie ein Funke entzündete. Dieser Schreck spiegelte sich in einer kurzzeitigen Zurückhaltung der Schattenwesen wider, ihre Formen flackerten, als würden sie vorübergehend in ihre flüchtigen Ursprungsgestalten zurückkehren.

Doch die Atmosphäre beruhigte sich schnell wieder, und die Schattenwesen begannen, langsam und mit einer Art vorsichtigen Neugier, Laute zu formen, die einer Sprache zu entsprechen schienen. Liora, getrieben von einer Mischung aus Faszination und dem tiefen Wunsch, diese Welt und ihre Bewohner zu verstehen, konzentrierte sich auf die Klänge, versuchte, Muster und Bedeutungen zu erkennen.

Die Laute, die die Schattenwesen formten, klangen wie ein sanftes Murmeln eines fernen Baches, unterbrochen von schärferen, klickenden Tönen, die eine Struktur in die fließende Melodie brachten. "Thalra", murmelten sie, eine sanfte, flüsternde Silbe, die sich wiederholte. "Thalra... Kirun... Eshara..."

Liora wiederholte die Worte leise, ihre Zunge ungewohnt mit den fremden Klängen. "Thalra... Kirun... Eshara..." Die Bedeutung der Worte entging ihr noch, doch die bloße Tatsache, dass sie kommunizieren konnte, war ein Hoffnungsschimmer in der umfassenden Dunkelheit.

Die Schattenwesen schienen erfreut über Lioras Versuche, ihre Laute nachzuahmen. Ihre Formen pulsierten schneller, und obwohl Liora nicht wusste, was "Thalra", "Kirun" und "Eshara" bedeuteten, spürte sie eine Art Verbindung, ein zartes Band, das sich zwischen ihr und diesen geheimnisvollen Wesen spannte.

Ermüdet von den Anstrengungen des Tages und der Konzentration, die die Kommunikation erforderte, ließ Liora sich schließlich wieder in den Schlaf sinken, umgeben von den sanften Klängen der Schattenwesen. Die Nacht verstrich ohne weitere Vorkommnisse, und als die Dämmerung erneut den Himmel in ihr tiefes Violett tauchte, erwachte Liora mit dem Gefühl, dass in dieser fremden Welt vielleicht doch nicht alles feindselig war. Die Worte "Thalra", "Kirun" und "Eshara" hallten in ihrem Geist wider, Schlüssel zu einer Tür, die sie gerade erst zu öffnen begonnen hatte.

Als die undefinierbare Dämmerung dieser fremden Welt erneut den Übergang von Nacht zu Tag markierte, bemerkte Liora, dass die Schattenwesen, die sie in der Dunkelheit umgeben hatten, verschwunden waren. Alle bis auf eines – das Wesen, das sie in der Nacht zuvor berührt hatte, verblieb an ihrer Seite, eine flüchtige Silhouette in der vagen Helligkeit, die hier als Tag galt.

Dieses Schattenwesen schien eine besondere Verbindung zu ihr zu haben, eine stille Wache, die ihr folgte, wohin sie auch ging. Im diffusen Licht des Tages verlor es die klare Gestalt, die es in der Nacht angenommen hatte, und wurde wieder zu einer undeutlichen, fließenden Präsenz.

Während Liora die ungewohnte Landschaft erkundete, begann sie, ihre menschlichen Bedürfnisse zu spüren – ein Druck, der sie daran erinnerte, dass sie trotz dieser außerweltlichen Umgebung immer noch ein Wesen aus Fleisch und Blut war. Die Notwendigkeit, ihre Blase zu entleeren, stellte sie vor eine Herausforderung. Mit einem Blick auf das Schattenwesen, das keine Anstalten machte, sich abzuwenden oder ihr Privatsphäre zu gewähren, suchte Liora nach einer Lösung.

Schließlich fand sie hinter einer der gigantischen, versteinerten Strukturen einen abgeschiedenen Ort. Die Erfahrung, so grundlegende menschliche Bedürfnisse in einer so fremden Welt zu befriedigen, war demütigend, erinnerte sie aber auch daran, dass sie trotz allem Übernatürlichen, das sie umgab, immer noch an die Gesetze ihres eigenen Körpers gebunden war.

Der Hunger, der sich in ihrem Magen bemerkbar machte, war ein weiteres Problem, das einer Lösung bedurfte. Liora wusste, dass das Essen der fremdartigen Pflanzen oder das Jagdversuch der unbekannten Kreaturen gefährlich sein könnte. Ihre Aufmerksamkeit wurde jedoch von einer Art Moos oder Flechte angezogen, die auf dem Boden und den niedrigeren Teilen einiger Strukturen wuchs. Dieses Moos leuchtete leicht und schien eine der wenigen Pflanzenarten zu sein, die nicht von scharfen Kanten oder giftigen Dämpfen geprägt war.

Vorsichtig brach Liora ein kleines Stück davon ab und roch daran. Es verströmte einen milden, erdigen Duft, der nicht unangenehm war. Mit einem Blick auf das Schattenwesen, das keine Reaktion zeigte, kostete sie zaghaft von dem Moos. Es war zäh und geschmacklos, aber es stillte ihren Hunger, ohne unmittelbare unangenehme Folgen zu haben.

Während sie aß, beobachtete sie das Schattenwesen, das weiterhin eine stille Präsenz an ihrer Seite blieb. Es war faszinierend und zugleich beruhigend, ein Gefährte in dieser sonst so entfremdenden Welt zu haben. Auch wenn die Kommunikation zwischen ihnen begrenzt war, fühlte Liora eine Art von Verständnis, das über Worte hinausging.

Nachdem Liora ihre unmittelbaren menschlichen Bedürfnisse in dieser fremden Umgebung bewältigt hatte, richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die weite, unwirtliche Landschaft, die sich vor ihr ausbreitete. In der Ferne, kaum mehr als eine undeutliche Silhouette gegen den dunkelvioletten Himmel, erkannte sie die Umrisse eines großen Berges. Trotz der Entfernung und der Unwirklichkeit der Welt um sie herum, weckte dieser Anblick in ihr den Wunsch, einen besseren Überblick über die Landschaft zu erlangen, in der Hoffnung, vielleicht sogar einen Weg zurück – oder zumindest einen Weg vorwärts – zu finden.

Begleitet von dem stummen Schattenwesen, das ihr treu zur Seite blieb, begann Liora ihre Wanderung in Richtung des Berges. Der Boden unter ihren Füßen war weiterhin von jenem glasartigen Material bedeckt, das in der düsteren Beleuchtung der Welt zu schimmern schien. Mit jedem Schritt, den sie machte, reflektierten die Risse im Boden das spärliche Licht auf eine Weise, die den Eindruck erweckte, als würde sie über einen Spiegel aus dunklem Eis wandeln.

Die Reise zum Berg führte sie durch eine Landschaft, die von den versteinerten Strukturen dominiert wurde, die sie bereits zuvor bemerkt hatte. Diese monumentalen Formationen ragten wie stumme Zeugen einer vergangenen Ära in den Himmel, ihre Oberflächen glänzend und undurchdringlich. Die Schönheit dieser Strukturen lag in ihrer Fremdartigkeit, doch sie boten Liora weder Trost noch Orientierung.

Während sie weiterging, begegnete sie verschiedenen Formen der fremdartigen Flora und Fauna, die diese Welt bevölkerten. Die meisten dieser Kreaturen mieden sie oder zeigten kein Interesse an ihr, doch das Wissen um die potenzielle Gefahr, die von einigen ausgehen konnte, ließ sie vorsichtig jeden Schritt abwägen.

Das Schattenwesen, das ihr folgte, schien eine Art stillen Schutz zu bieten. Obwohl es am Tage keine klare Form annahm und mehr wie eine flüchtige Präsenz wirkte, spürte Liora doch eine Art Sicherheit in seiner Nähe. Es war, als würde es die Rolle eines stillen Wächters übernehmen, der sie vor den unsichtbaren Gefahren dieser Welt warnte.

Je näher sie dem Berg kam, desto mehr veränderte sich die Landschaft. Der glasartige Boden wich zunehmend festerem Untergrund, und die Vegetation wurde spärlicher, bestand nun aus hohen, dünnen Gewächsen, die wie Wächter in der kargen Landschaft standen. Diese Pflanzen, deren Stämme in der Dunkelheit zu leuchten schienen, waren die einzigen Wegweiser in einer Welt, die keine Sonne kannte.

Als der Berg schließlich greifbar nahe schien, bemerkte Liora, dass sein Gipfel nicht von Schnee bedeckt war, wie sie es von den Bergen ihrer Heimat kannte, sondern von einer Art dunklem Kristall, der das schwache Licht auf unheimliche Weise reflektierte. Dieser Anblick, so faszinierend wie beunruhigend, bestärkte sie in ihrem Entschluss, den Gipfel zu erreichen, in der Hoffnung, von dort aus einen besseren Einblick in die Geheimnisse dieser Welt zu erlangen.

Während sie voranschritt, umgeben von der stillen Wache des Schattenwesens, bemerkte Liora plötzlich eine Bewegung am Rande ihres Sichtfeldes. Sie hielt inne, den Blick auf die Stelle gerichtet, wo sie die Bewegung wahrgenommen hatte. Für einen flüchtigen Moment meinte sie, die Gestalt eines Menschen zu erkennen – oder zumindest etwas, das in seiner Form an einen Menschen erinnerte.

Die Gestalt war jedoch ebenso schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht war, und ließ Liora in Zweifel darüber, ob sie tatsächlich ein anderes Wesen gesehen hatte oder ob die Schatten und das flackernde Licht dieser Welt ihr einen Streich spielten. Sie suchte die Umgebung noch einige Momente lang ab, doch es gab keine weiteren Anzeichen für die Anwesenheit eines anderen Wesens.

Mit einem leisen Seufzer setzte Liora ihren Weg fort, das Rätsel der flüchtigen Gestalt im Hinterkopf behaltend, aber ohne eine Möglichkeit, ihm in diesem Moment weiter nachzugehen. Die Frage, ob sie tatsächlich nicht allein in dieser Welt war, ließ sie nicht los, doch die unmittelbare Notwendigkeit, einen besseren Überblick zu gewinnen, trieb sie voran.

Der Aufstieg zum Berg gestaltete sich schwieriger als erwartet. Der Boden wurde steiler und unwegsamer, und die seltsame Flora dieser Welt, die am Fuße des Berges noch spärlich vertreten war, wich gänzlich kargen, steinigen Passagen. Das Schattenwesen folgte ihr unermüdlich, seine Präsenz eine stille Erinnerung daran, dass sie trotz der Isolation und der Fremdheit dieser Welt nicht gänzlich allein war.

Mit jedem Schritt, den sie der Bergspitze näherkam, wuchs Lioras Entschlossenheit. Die Mühen des Aufstiegs und die Ungewissheit, was sie auf dem Gipfel erwarten würde, waren von der Hoffnung getrieben, dass von dort oben aus ein Licht auf die Dunkelheit dieser Welt geworfen werden könnte, eine Perspektive, die ihr bislang verborgen geblieben war.

Als Liora schließlich die Spitze des Berges erreichte, erschöpft von der anstrengenden Kletterei, bot sich ihr ein Ausblick, der in seiner düsteren Weite atemberaubend war. Die Welt breitete sich unter ihr aus, eine endlose Landschaft aus dunklen Farben und schattenhaften Formen, durchzogen von den kalten Lichtstrahlen, die nur wenig Erleuchtung brachten. Trotz der Höhe und der klaren Luft schien der Horizont nah, als würde die Dunkelheit die Sicht verschlucken, bevor sie zu weit reichen konnte.

Das Schattenwesen, das ihr bis hierher gefolgt war, zeigte Anzeichen von Unbehagen, als es die steile Kante und die tiefe Leere unter ihnen wahrnahm. Seine flüchtige Form zitterte, und es schien sich instinktiv von der Kante zurückzuziehen. Liora, die das Zögern ihres Begleiters bemerkte, hob das Wesen behutsam auf und hielt es fest in ihren Armen, um ihm Sicherheit zu geben. In ihrer Umarmung schien das Schattenwesen ruhiger zu werden, seine Form weniger flüchtig, als fände es Trost in ihrer Nähe.

Von der Bergspitze aus überblickte Liora die Welt, die sie gefangen hielt. Doch anstatt Antworten oder Hoffnung zu finden, sah sie nur die endlose Ausdehnung der Dunkelheit, die jede Wärme, jedes Licht zu verschlingen schien. Die Einsamkeit und die Fremdartigkeit dieser Welt lasteten schwer auf ihr, und die Realisierung, wie weit entfernt sie von allem war, was ihr einmal vertraut gewesen war, überwältigte sie. Tränen bildeten sich in ihren Augen, als die Stille um sie herum fast greifbar wurde, nur unterbrochen vom leisen Flüstern des Windes, der kalt über die Bergspitze strich.

In diesem Moment der Verzweiflung spürte Liora, wie das Schattenwesen in ihren Armen sich regte. Es schien ihre Trauer zu spüren, ihr Bedürfnis nach einem Funken Hoffnung in dieser erdrückenden Dunkelheit. Mit einer Bewegung, die fast wie Zögern wirkte, materialisierte das Wesen einen Teil von sich selbst, eine Substanz, die es zuvor verborgen gehalten hatte. Es formte sich zu etwas, das einer Karte ähnelte, auf der ein Ort markiert war, der in den einfachen, aber eindeutigen Linien wie ein Dorf aussah.

Liora, die Tränen noch auf ihren Wangen, betrachtete die Karte, die das Schattenwesen ihr gegeben hatte. In den einfachen Markierungen und Formen fand sie einen kleinen Lichtblick, einen Hinweis darauf, dass es in dieser fremden Welt vielleicht doch Orte gab, die nicht von der allgegenwärtigen Dunkelheit verschlungen waren. Das "Dorf", so unklar und mysteriös es auch sein mochte, war ein Ziel, ein möglicher Ort der Zuflucht oder zumindest ein Anhaltspunkt in der endlosen Weite.

Mit der Karte fest in ihrer Hand und dem Schattenwesen, das nun mehr als nur ein stummer Begleiter war, in ihren Armen, fasste Liora einen neuen Entschluss. Die Aussicht von der Bergspitze mochte düster sein, doch die Karte war ein Versprechen, ein Funken Hoffnung, der sie leitete. Mit einem letzten Blick auf die dunkle Landschaft unter ihr machte sie sich bereit, den Abstieg anzutreten, getrieben von der leisen Hoffnung, die das Schattenwesen ihr geschenkt hatte.

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